Der natürliche Rausch durch Tanzen

Ecstatic Dance: Den Kopf ausschalten

Berauscht sein, ganz ohne Drogen. Glücksgefühle empfinden allein durch Tanzen. Sich von einer Welle aus Musik tragen lassen, die sich langsam aufbaut, aufbäumt und wieder abebbt und die Tanzenden erschöpft aber glücklich auf den Tanzboden „spült“. Das ist das Prinzip bei Ecstatic Dance, der in Hawaii geborenen Tanzform, in der sich elektronische Musik mit akustischen Klängen vereint.

Wer sein Handy zückt, um die wilden Bewegungen mit der draußen lauernden Instagramwelt zu teilen, wird freundlich darauf hingewiesen, dies bitte zu unterlassen. Selfie-Gepose unerwünscht. Am besten barfuß tanzen, nicht reden; auch Alkohol und Drogen sind verpönt. Dafür ist alles andere erlaubt, ja sogar erwünscht: Stampfen, Springen, Schreien, wenn einem danach ist, für sich tanzen oder mit anderen. Kurz: Durch Tanzen den Kopf ausschalten. Sich vom Reden befreien, um ganz im Körper bleiben zu können.

Seitdem Max Fathom die Welt der elektronischen Musik mit der eher spirituellen Akustikmusik verknüpfte, tanzen immer mehr Menschen in den USA, in Berlin, Madrid und jetzt auch Mallorca nach speziell kreierten Klängen und spüren am eigenen Leib die physische und emotionale Kraft des Tanzes. Für manche ist Ecstatic Dance nur ein unterhaltsames Work- Out, andere finden beim bewussten Tanzen Antworten auf Probleme, die sie im Alltag beschäftigen. Beim freien Tanzen platzt dann der Knoten und die Lösung liegt klar vor einem.

Freie Tanzmeditation

Auch auf Mallorca hat Ecstatic Dance eine Heimat gefunden. „EcstaticDance ist wie eine Tanzreise“, sagt Hortensia Räth, eine der Organisa- toren auf der Insel. „Man beginnt mit einer Eröffnungszeremonie unter An- leitung, gefolgt von der `Welle ́, die der eigens angereiste DJ mit seiner Musik kreiert.“ Häufig leitet die Deutsche mit dem DJ die Eröffnungszeremonie. „Für mich ist Ecstatic Dance eine Tanzmeditation in einer sicheren und liebevollen Umgebung, bei der ich abschalten und meinen Gefühlen freien Lauf geben kann“, sagt sie.
Mallorcas laue Sommerabende laden zum draußen sein ein. Über die hei- ßen Monate findet das Tanzevent daher auf einer über 200 Quadrat- meter großen Fläche auf einer Finca bei Llubí am Abend statt. Freier Blick über die Felder, dem weiten Himmel darüber und viel Platz, um sich aus- zutoben. Am Anfang rennen, schüt- teln oder hüpfen die Teilnehmer über die Tanzfläche, machen sich warm für die nächsten zwei Stunden intensiven Tanz. Mal mit Partner oder alleine. Dann beginnt der DJ mit sei- ner Reise. In unterschiedlichen Wel- len konzipiert er oder sie die Musik, es kann sich langsam steigern und auf einen Höhepunkt zulaufen oder in mehreren kleinen Wellen auf- und abschwellen. Am Ende gibt es eine Abschlussrunde um wieder ein wenig runter zu kommen.
Am 13. Oktober findet das letzte Open-Air Ecstatic Dance Event auf Mallorca statt, diesmal schon vormittags mit speziell veganasiatischem Essen. Danach zieht die Gemeinde in ihr Winterquartier, ein mit tanzfreundlichen Schaumstoffmatten ausgepolsterter Raum im Polígono Can Valero in Palma.

Morning / Sunset Dance: Erst tanzen, dann speisen
Javier Florit alias Djeridu reißt Tanzfreunde ebenfalls mit elektronischen aber auch Live-Klängen mit. Idealerweise draußen an wunderschönen Orten der Insel. Er legt sowohl mor- gens als auch abends auf und hat die Events dementsprechend Morning und Sunset Dance genannt. Damit sich die Tänzer zu Beginn beim Morning oder Sunset Dance einstimmen können, packt er sein Didgeridoo oder die Handpan, ein ovales Blechklanginstrument, aus und bereitet den musikalischen Boden mit seinen Klängen. Ist die Community zahlreich versammelt, legt er los. Zuerst ruhige Musik, die sich aber allmählich steigert. Bis zu über zwei Stunden lässt er die Tanzfreudigen wippen, hüpfen, sich kreisen, je nach Rhythmen, die von Techno bis hin zu Weltmusik gehen können. Das Prinzip des Nicht- Sprechens, nicht Rauchens und auch kein Alkohol oder andere Drogen gilt auch hier. Wer mit Familie und Kindern kommen möchte ist herzlich willkommen. Je nach Location gibt es tolle Möglichkeiten, dass sich die Kleinen, während die Eltern tanzen, nicht langweilen.

Sind alle ausgepowert, greift Javier noch einmal zu seinen Instrumenten. Die meisten legen sich auf den Boden und strecken alle Viere von sich. Die Körper vibrieren noch ein wenig nach und kommen langsam in die Ent- spannung bei Dijeridus Klängen.Ausgetanzt und Hunger? Auch dafür ist bei den Events des Morning und Sunset Dance gesorgt. Bei manchen Veranstaltungen bringt jeder etwas mit – ob Fleisch oder vegan, ganz nach Gusto. Ab und zu wird das Essen auch vom Veranstalter gestellt. Preislich differiert der Eintritt entsprechend von fünf bis zehn Euro.Kontakt und Infos unter Facebook: DjEridú

In der nächsten Ausgabe von EL AVISO werden wir uns mit dem Thema Surya Soul Dance beschäftigen.

 Dorothee Kammel
Bilder von Ecstatic Dance Festival (Korfu)

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