
Wie aus einem feministischen Ursprung ein kommerzieller Freudentag für Blumenhändler wurde
Es gibt Festtage, die die Menschheit spaltet. Der Muttertag ist so ein Tag. Die einen meinen, Muttertag ist 365 Tage im Jahr und lehnen den Kommerz ab. Die anderen finden es gut, dass man an diesem Tag Müttern etwas schenkt oder ihr eine nette Überraschung präsentiert. Freuen tun sich vor allem Blumenhändler und Konditoren, denn sie machen guten Umsatz. Den machen spanische Händler übrigens schon am ersten Sonntag im Mai (2. Mai), während die deutschen Mütter erst am zweiten Sonntag (09. Mai) ihr Geschenk bekommen.
Ein wenig Historie
Doch woher kommt eigentlich diese Sitte? Seinen Ursprung hat der Tag in der US-amerikanischen Frauenbewegung. Ann Jarvis Reece war eine politisch aktive Frau, die schon 1858 die Vereinigung „Mother’s Work Days“ gegründet hatte, u.a. um gegen Kindersterblichkeit und für bessere Gesundheits- sowie Sanitärsysteme zu kämpfen. Während des amerikanischen Bürgerkriegs mobilisierte sie andere Frauen und kümmerte sich um Verwundete beider Seiten – auch als Zeichen der Verständigung.
Als sie starb, wollte ihre Tochter Anna Marie Jarvis nicht nur der eigenen, sondern generell den großartigen engagierten Müttern eine Art Denkmal setzen, rief zu einer Kundgebung auf und postulierte am 12. Mai 1907 den Memorial Mothers Day, auch um die soziale und politische Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft zu stärken. 1914 war der zweite Mai-Sonntag erstmals ein nationaler Feiertag, allerdings geriet der politisch-soziale Aspekt immer mehr in den Hintergrund.
Deutschland zieht mit
Und da man den Amerikanern auch schon damals gerne alles nachmachte, verbreitete sich der Gedanke weltweit. In Deutschland war es 1923 bezeichnenderweise keine Fraueninitiative, sondern der Blumenhändlerverband, der diesen Tag propagierte. Der konservativen Grundstimmung jener Zeit kam dieser Ehrentag gerade Recht. Die Frauen waren weiten Kreisen viel zu selbständig geworden. Kein Wunder, mussten sie doch im Ersten Weltkrieg mangels Männern ihren Mann stehen, was sie selbstbewusst gemacht hatten. Die Nationalsozialisten griffen den Muttertag freudig auf und setzten ihn als Feiertag ein. Mutterkult, das Mutterkreuz für besonders gebärfreudige Frauen, die dem Führer zukünftige Soldaten schenkten und ähnliches folgten. Auch diese Tatsache lässt bei vielen bis heute ein leichtes Unwohlsein aufkommen.
Was heute bleibt
Für den Blumenhandel ist dieser Tag in Deutschland nach wie vor Platz 1, wenn es um den Verkauf geht. Platz 2 kann der Valentinstag auf sich verbuchen. In Spanien sind es eher die Parfümerien, die davon profitieren. Wer sich nicht in Klischees reindrängen lässt und offen mit der Mutterschaft umgeht, kann sowohl Geschenke empfangen als auch Geschenke geben als Kind. Toleranz sollte auch hier das Zauberwort sein. Solange es nicht zu kommerziell wird und die Geschenke eher gebastelt und gebacken als gekauft werden oder gar ideell sind wie Zeit oder Aufräumversprechungen. Ob Kind oder Mutter – genießen Sie den Muttertag und denken Sie stets daran: eine Mutter ist sie 365 Tage im Jahr und nicht nur am 2. oder 9. Mai…
Und die Männer?
Auch die haben “ihren” Tag: Vatertag war in Spanien schon am 19. März, währenddessen er in Deutschland an Christi Himmelfahrt begangen wird, somit am 13. Mai. Die heutige Form des „Vatertagfeierns“, bei dem oft von einer Gruppe von Männern/Vätern ein gemeinsames Trinkgelage zelebriert wird, kam übrigens Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin und Umgebung auf, vermutlich ins Leben gerufen von Brauereiunternehmern…