“Ich bin Künstler, ich teile, lerne und lehre“

Auffällig, traumhaft, futuristisch, naiv, geometrisch, abstrakt, kubistisch und – über allem stehend – „surreal“, so drückt sich der Künstler Aramis Carrera Rock aus. Weit weg von Kuba siedelte er 2017 um nach Mallorca,. Ein neugieriger Mensch, der wissen will, wie weit seine Reise gehen kann. Über die im allgemeinen vertretbare Kunstform, die ein kubanischer Maler in Szene setzen kann, ist er schon lange hinaus. „Wenn du in Kuba auffällig wirst, kann es stören. Hier mußt du auffallen, sonst sieht dich niemand.“ Zwei Inseln, zwei Welten.

Seine Kunstwerke

Er verwendet gerne natürliche Materialien wie Sand, Steine, Holz, Muscheln und Schnecken. „Wunderschöne Materialien, die die Natur zur Verfügung stellt, aber die auch typisch sind für Länder, in denen der Zugang zu Acryl, Öl oder Leinwand sehr schwierig ist, weil es an vielem mangelt.“ Soziale Themen reflektiert er gerne mit einem Hauch von Humor und Satire, als Ausgleich zu politischen Vorgaben und Kontrollmechanismen.

„Ich denke immer daran, dass es ziemlich kontrovers ist, da wo ich herkomme. Der Surrealismus erlaubt es mir in einer Traumwelt meine Sehnsucht, mein Wissen, meine Sorgen, meine Hoffnungen, meine Kritik auszudrücken.“ Aramis vermisst das schöne Kuba, seine Familie, die Werte, seine Helden, sein soziales Umfeld. Aber er lebt nur einmal und will sich der Welt stellen. 

Das Bild mit dem Titel „Meteorit“ zeigt ein Haus mit kubanischer Flagge auf einem Meteoriten stehend, den er als Gesicht darstellt, im Anflug auf die Erde. Feinsinnig arbeitet er mit Sand und Acryl und es beschäftigt ihn die Zugehörigkeit Kubas. In dem Gemälde „Paternidad“ (Vaterschaft), hält der Vater seine Tochter sicher an der Hand und geht mit ihr auf dem Pfad des Lebens. Die fleischfressenden Pflanzen sind geöffnet. Das Thema drückt „die Verantwortung als Vater aus und die Gefahr die besteht, wenn du zu früh loslässt …“ Er hat zwei Töchter. 

Ein Teil der Kathedrale in Palma erscheint unter dem Titel „Estructuras“ und beeindruckt mit filigraner Arbeit von Pappe, Holz, Papier, Acryl und den Linien, die er eingravierte. Sogar eine aufgesetzte Straßenlampe ist zu sehen. Er ist begeistert von der Architektur, der Geschichte, der Kultur der Stadt und ihren Wahrzeichen. „La Diosas de las Islas“ hat er zum 8.3.2020 dem „Tag der Frauen“ gemalt. Es zeigt den Hauch einer Frau, die das Leben durch das Pusten einer Pusteblume in Richtung Steininseln symbolisiert. Hier sieht man, wie Aramis Muscheln, Schneckengehäuse, den Sand und Pflanzen einsetzt und wie er mit diesen Materialien arbeitet.

Bleistiftzeichnungen, Gemälde die in kraftvollen Szenen seine Kultur ausdrücken, figurativ, explosiv, bunt, farbenfroh, grau, strukturiert, symbolisch, Aramis Carrera ist inspiriert und Mallorca schubst ihn dahin sich selbst und seine Kunst, mutig und neu zu inszenieren.

Kuba

Er verließ seine Heimat, wo er eine traumhafte Kindheit verbrachte. Umgeben von dem wunderschönen Meer mit transparentem Wasser, weißen Sandstränden, klarem Himmel und der strahlenden Sonne. Aramis kam im Jahr 1963 zur Welt, ein Jahr nach der Kubakrise, in der Provinz Ciego de Ávila, die zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Karibischen Meer liegt. In einem Vorort von Central Baraguá, Zentrum der Zuckerindustrie Kubas, ist er aufgewachsen, umgeben von Zuckerrohr und hohen Palmen. „Wir lebten in einem ständigen Vorkriegszustand, der bis heute andauert. Das soziale Umfeld prägt uns Kubaner sehr. Viele kulturelle Bildungsmöglichkeiten gibt es.“

In meinem Familienstamm gibt es Menschen aus Barbados, Martinique und der Dominikanischen Republik, die englischsprachig waren. Mein Vater ist pensionierter Musiklehrer und ihm verdanke ich die künstlerische Ader. Als wir klein waren, ging er immer mit uns auf die Felder und wir malten die Natur um uns herum ab. In der Schule wurde ich ermahnt, weil ich immer nur malte.“ Seiner ersten Arbeit auf einer Zuckerplantage folgte die Arbeit als Kunstlehrer. Er unterrichtete die Sekundarstufe Zwei, ESO. Im Haus der Kulturen unterrichtete er nicht nur, um die Kreativität der Menschen zu kanalisieren, er erstellte Workshops, Wettbewerbe, Ausstellungen und organisierte Kunstmessen.

Überleben mit Kunst

Als sich Kuba dem Tourismus öffnete, entstanden Vereine, bei denen sich die Künstler registrierten. Nach strengen Prüfungen und der Genehmigung durch eine Fachkommission trat Aramis 1993 in die “ACAA” (Cuban Association of Artisan Artists) ein. Damit beendete er seine Lehrtätigkeit und war fortan als autonomer Kunstschaffender anerkannt. Neben dem Malen konzentrierte er sich auf das Fertigen von Kunsthandwerken, die vom kubanischen Fonds für Kulturgüter vermarktet wurden. Das Verkaufen seiner Werke an Touristen war eine großartige Herausforderung, denn er konnte sich mit Menschen anderer Nationalitäten austauschen, was er bis dahin nicht kannte und er begann sich mit anderen Kunst-Techniken auseinanderzusetzen. Von 1996 bis 2016 stellte er regelmäßig in Kollektiv – und Einzelausstellungen in seiner Provinz, in der Hauptstadt Havanna und auf Barbados aus. Er wurde prämiert, bekam Diplome, wurde in der Presse erwähnt. Seine Bilder sind in privatem Besitz in Kanada, Frankreich, Spanien, USA, Bahamas und Barbados.

Aramis Carrera und Mallorca

2017 auf Mallorca angekommen, muss er sich neu aufstellen und er will lernen. Durch einen Kurs erhält er das Zertifikat „zur Ausbildung für Beschäftigung und autonomes Leben von Menschen mit geistiger Behinderung.“ Er ist der Leiter der Abteilung für plastische Kunst der „Asociación Cultural Cubano Latino Americana“ in Palma. Im Theater “Xesc Forteza” zu Ehren von Eusebio Leal Spengler (* 1942, † 2020) der sich als Stadthistoriker der Restaurierung der Altstadt und des historischen Zentrums (UNESCO-Weltkulturerbe) von Havanna widmete, übergibt er 2020 dem Kulturstadtrat von Palma Antoni Noguera sein Gemälde mit dem Titel „Integración“ als seine „Botschaft zugunsten von Gesellschaften, die die Rechte der Menschen zunehmend respektieren und zu einem würdigen Leben aufrufen, unabhängig von Klasse, Rasse, Religion, Geschlecht oder politischer Neigung.“ Die aktuelle Corona-Zeit nutzt er, um neue Projekte und Ausstellungen vorzubereiten.

Kontakt:

FB: Aramis Carrera Rock „El Traza“

email: trazarte053@gmail.com

YouTube: Aramis Carrera Rock

Nermin Goenenc, Roman Hillmann

Fotos: Aramis Carrera Rock, Roman Hillmann

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