
Was neudeutsch als “Binge Watching” bezeichnet wird, hat sich wohl rumgesprochen: Da schaut man Serien – wenn es geht – am Stück. Stundenlang. Aber es gibt auch “Binge Eating”, und das ist weit problematischer als ein wenig zuviel TV
Weihnachten. Wer isst da nicht mehr, als man es normalerweise tun würde. Ein Festtagsessen jagt das andere, zumal da ja auch noch die ganzen leckeren Süßigkeiten hinzukommen. Daran ist auch nichts verwerfliches oder gar krankes. Das gehört einfach zu Weihnachten. Wer beispielsweise auf Kreuzfahrtschiffen oder im All inclusive-Hotel an den Buffets etwas mehr isst – auch das ist normal, wenn auch die Waage ein wenig höher ausschlägt. Doch es gibt auch jene Menschen, die ohne Hunger und ohne Anlass essen. Ja geradezu zwanghaft schlingen. Obendrein möglichst heimlich. Dahinter steckt eine psychische Störung. Das Phänomen nennt man Binge Eating, wobei das Wort “binge” übersetzt “Gelage” bedeutet. Diese (Fr)Ess-Sucht gilt als Krankheit und ist für die Betroffenen sehr belastend. Unkontrolliert werden Chips, Schokokolade und Pizza zu sich genommen. Nach dem Essen fühlt man sich schlecht. Physisch wie psychisch. Schamgefühle und Selbsthass sind Begleiterscheinungen.

Was kennzeichnet Binge Eating? Binge Eating ist dadurch charakterisiert, dass die Betroffenen in regelmäßigen Abständen an Essattacken und Heißhungerattacken leiden. Diese Essattacken sind durch ein typisches Verhalten gekennzeichnet:
• Die Betroffenen essen während ihrer Attacken außergewöhnlich große Mengen.
• Sie haben das Gefühl, was und wie viel sie essen während dieser Heißhungerattacken nicht kontrollieren zu können. Häufig können sie sich nicht erinnern, wann sie mit Essen angefangen und aufgehört haben.
• Sie essen ohne Hunger zu verspüren.
• Sie essen schneller als für sie üblich.
• Sie hören erst auf zu essen, wenn sie ein unangenehmes Völlegefühl überkommt.
• Die Essanfälle treten nicht in Gesellschaft auf, vor anderen Personen werden sie verheimlicht, es entstehen Schuldgefühle.
• Im Gegensatz zur Bulimie werden keine “Gegenmaßnahmen unternommen (es folgt kein extra hervorgerufenes Erbrechen), so dass längerfristig meist Übergewicht die Folge ist.
Wer dieses Verhalten von sich kennt, der leidet möglicherweise unter einer Binge-Eating-Störung. Bei anderen Menschen kann Binge Eating schwer zu erkennen sein, da die Essattacken heimlich erfolgen. Falls eine Person im eigenen Umfeld immer mehr zunimmt, traurig wirkt und unregelmäßig isst, könnten dies Indizien für eine Binge-Eating-Störung sein. Diese Essanfälle sind psychisch bedingt sind und werden überwiegend durch negative Ge
fühle, Stress oder Langeweile ausgelöst. Unter den Betroffenen befinden sich mehr Frauen als Männer und die Häufigkeit der Essstörung nimmt mit steigendem Alter zu.
Was hilft?
Aus diesem Kreislauf entkommt man meist nur durch eine gezielte Therapie, beispielsweise mit Reaktionskontrolltechniken.
Falls Sie bemerken, dass Ihr Verlangen nach Essen unstillbar wird, zählen Sie laut bis 120. Geben Sie dem Gefühl nicht gleich nach, sondern probieren Sie, das Essen solange wie möglich aufzuschieben. Schreiben Sie auf, wie lange der Aufschub möglich war. Verlassen Sie den Ort, der Ihren Binge triggert. Gehen Sie aus der Wohnung, machen Sie z.B. einen langen Spaziergang oder rufen Sie einen guten Freund/ein Familienmitglied an. Essen Sie immer mit Besteck, das minimiert die Gefahr des “Hineinstopfens”. Wenn all diese Maßnahmen nicht funktionieren, geben Sie dem Verlangen nach, aber nur für 5 Minuten (Alarm stellen!). Starten Sie die Reaktionskontrollmaßnahmen danach erneut.